Liebe Mobile-Payment-Anbieter: Der Hype existiert nur in euren Köpfen [Kommentar] (2024)

Lieber Anbieter mobiler Bezahlverfahren,

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machen wir uns doch nichts vor, niemand hat auf Mobile Payment gewartet. Mobile Payment ist heute so sinnvoll wie eine wasserdichte Sonnenuhr. Mobile Payment löst keine Probleme – Mobile Payment schafft sie.

Wenn das so weiter geht, wird es deshalb auch keine Heerscharen von Anwendern geben, die im Laden an der Kasse ihr Smartphone rauskramen, irgendeine App starten – um dann zu bezahlen. So, wie es mehr als die Hälfte der Deutschen bis heute nicht schafft, mit der EC-Karte zu zahlen. Es mag ja sein, dass dein Unternehmen da draußen das große Geld wittert, aber das wird nichts. Ihr verbrennt Geld für unzählige, oft mittelmäßige Lösungen.

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Mobile Payment ist nicht innovativ

Ich habe sie gesehen, all die „innovativen“ mobilen Bezahlverfahren. Keins davon ist innovativ. Keins löst irgendein Problem. Und ihr seid Schuld. Ja, genau ihr. Die Manager, Product-Owner oder welcher Titel auch immer auf eurer shiny, shiny Visitenkarte steht. Es lag in eurer Verantwortung, eine Lösung anzubieten, die die Anwender begeistert. Aber nichts davon sehen wir. Im Gegenteil: Wer heute als Anwender mit dem Smartphone zahlt, muss schmerzbefreit sein oder Schmerzen lieben. Wenn ich die Meute an der Kasse gegen mich aufbringen will, ist Bezahlen mit dem Smartphone die erste Wahl.

Liebe Mobile-Payment-Anbieter: Der Hype existiert nur in euren Köpfen [Kommentar] (1)

Mobile Payment, ein offener Brief an die Branche (Foto: © Lim Jerry – Fotolia.com)

Und ich weiß, wovon ich rede. Ich habe es ausprobiert. Nicht einmal, sondern immer wieder. Es ist nicht schön. Ich rede nicht davon, mit einer Kreditkarte kontaktlos zu zahlen, das ist streng genommen kein Mobile Payment. Ich rede davon, mit meinem Smartphone zu bezahlen. Warum eigentlich Smartphone? Ach so, weil man es immer dabei hat. Ich habe auch immer Unterwäsche an, dann kann man ja auch Underware-Payment bringen. Eure Argumente mögen Investoren überzeugen, aber die Anwender da draußen nicht. Ihr seid betriebsblind. Ihr seht nicht den Anwender. Ihr habt einen Tunnelblick und das ist entsetzlich. Ich weiß nicht, was euch geritten hat, aber ihr baut auf Sand.

Vor sieben Jahren hat Steve Jobs das iPhone vorgestellt. Sieben lange Jahre ist das nun her, und obwohl man von einer Revolution sprechen kann, die das iPhone ausgelöst hat, habt ihr das Prinzip der Vereinfachung noch immer nicht verstanden. Damals hatte jedes Feature-Phone, jeder Pocket-PC einen Stylus. Einen Stift, mit dem man das Gerät bedienen konnte. Apple hat diesen Stylus durch den natürlichsten Stylus der Welt ersetzt: den Finger. Das war innovativ.

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Übertragen auf Mobile Payment sind die vorhandenen Lösungen nichts anders als ein neuer, überflüssiger Stylus. Man nutzt das Smartphone zur Authentifizierung an der Kasse. Im Extremfall bedeutet das: Smartphone anschalten (eine Aktion 1), PIN eingeben, Swipen oder sonstwie entsperrren (x Aktionen), App starten (x Aktionen), App entsperren (x Aktionen), Transaktion einleiten (x Aktionen). Das ist die Innovation? Schon mal bar bezahlt? Oder mit Karte? Ihr tauscht einen Prozessschritt gegen ungleich mehrSchritte aus. Ihr sorgt nicht für Standards, ihr macht alle Euer eigenes Ding und fragmentiert den Markt par excellence und sorgt beim Anwender für maximale Verwirrung.

Niemand nutzt Mobile Payment

Ihr zitiert gerne Umfragen, aber schweigt euch über eure eigenen Nutzungszahlen aus. Verstehe ich. Es nutzt eure Lösungen ja auch niemand. Man sei noch am Anfang, heißt es. Falsch. Es gibt diesen Anfang überhaupt nicht. Mobile Payment kontaktlos über NFC-fähige Smartphones? Pilotprojekte. Funktioniert ohnehin nur mit Geräten aus der Android-Welt und da lange nicht mit jedem Modell. Dem gegenüber stehen ungefähr 35.000 Kassenterminals, die NFC unterstützen. Das ist wenig im Vergleich zur Gesamtzahl von mehr als 700.000 aktiven Electronic-Cash-Terminals in Deutschland. Bezahl-Apps? Schaut man sich die Rankings der verfügbaren Lösungen im App-Store an, ist das homöopathisch und wie sprechen hier nur von Downloads, nicht von der Nutzung. Und selbst wenn man mit jedem Smartphone bezahlen könnte (was man nicht kann) und jede Kasse die Zahlung auch verarbeiten könnte (was nicht der Fall ist), stellt sich noch immer die Frage nach dem „Warum“, und diese Frage stellt sich Anwendern und Händlern gleichermaßen. Mehrwertdienste sollen es richten. Schon klar. Dieses Wort alleine ruft bei mir eine Schockstarre hervor. „Mehrwertdienste”. Es sind immer die gleichen Mehrwertdienste. Punkte sammeln. Rabattmarken sammeln oder Treuepunkte. Das ist alles was euch eingefallen ist?

Noch nicht aktiv in der Vermarktung? Verstehe. So viel Geld kann man gar nicht in Werbung investieren, um Bedarf zu wecken. Das ist es nämlich: Ein nicht vorhandener Bedarf muss erst geweckt werden. Man braucht auch kein Hellseher sein, um zu sehen, dass das so nicht funktionieren kann. In England hat O2 die „O2 Wallet“, mit der man mit dem Smartphone zahlen konnte, nach nur 18 Monaten eingestellt – in einem Land, in dem fast jeder mit Kreditkarte zahlt – und oft auch kontaktlos. Oder Schweden, wo jüngst die Bezahl-App Bart vom Markt genommen wurde, weil zu wenig Nutzer begeistert werden konnten.

Der Hype, mit dem Smartphone zu bezahlen, existiert im Moment einzig in euren Köpfen. Eine Seifenblase, die spätestens dann platzt, wenn der Anwender an der Kasse mit einer eurer „innovativen“ Produkte bezahlen will oder jemand kommt der es richtig macht.

Liebe Mobile-Payment-Anbieter: Der Hype existiert nur in euren Köpfen [Kommentar] (2)

Mobile Payment – nur eine weitere Blase. (Foto: © Aamon – Fotolia.com)

Damit nicht der falsche Eindruck entsteht: Ich mag meine Geldbörse auch nicht, und ich würde gerne darauf verzichten – aber meine Geldbörse bereitet mir auch keine schlaflosen Nächte. So wie den meisten Deutschen nicht. Das Smartphone ist der Gegenstand, der am liebsten gestohlen wird. Das soll dann auch noch meine Geldbörse sein? Schon mal ein Smartphone fallen lassen? Mal überlegt, wie anfällig die Dinger sind? „Schatz, ich kann gerade nicht einkaufen, weil der Akku leer ist“, kommt sicher nur mittelgut an.Oder man kann nicht zahlen, weil die App nicht startet oder man kein Netz hat.Ja, das Smartphone hat man immer dabei. Es ist zur dritten Hand geworden. Laut neuster Umfragen können sich über 50% der Befragten sogar vorstellen, mit dem Smartphone zu bezahlen. Aber eure Lösungen begeistern die Anwender nicht. Eure Lösungen sind am Anwender vorbei entwickelt. Was ist mit Sicherheit? Was, wenn die App mal nicht geht? Wo ist der doppelte Boden? Was macht Mobile Payment denn nun so spannend? Und zu guter Schluss immer die Frage, worin der Vorteil für den Anwender liegt.

Fazit:

Wie man es besser machen kann? Ganz einfach: Schaut euch die Menschen an, sprecht mit ihnen und fragt nicht so dämliche Fragen wie „Könnten Sie sich vorstellen, mit dem Smartphone zu zahlen?”. Vorstellen kann man sich ganz viel, machen tut man es deshalb aber noch lange nicht. Anstatt immer die Kreditkarte oder das Bargeld ablösen zu wollen, könntet ihr mal überlegen, wie man sie sinnvoll ergänzt. Bis dahin hört auf zu erzählen, wie grandios es doch ist, mit dem Smartphone an der Kasse zu bezahlen. Oder lasst euch tatsächlich grandiose Lösungen einfallen, denn sonst kommt wieder einer der ganz Großen und macht es dann doch richtig. Apple und Co. sind schon in Lauerstellung.

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Gruß

Maik Klotz

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